20.05.2010 Aufstellung der DogStationen

„stadt&hund": Neubritz gegen Hundehaufen


Es passiert zu oft und obwohl es Glück bringen soll, freut sich niemand, wenn es ihm passiert: der Tritt in den Hundehaufen.

 

IiN sprach mit Christof Wüllner, Gesellschafter der stadt&hund gGmbH, darüber, wie mit Tütenspendern und Paten eine höhere Lebensqualität im Kiez erreicht werden kann.

Wann und wie entstand die Idee zum Projekt "stadt&hund"?
Vor mehr als neun Jahren! Bei einem Besuch in der Schweiz sind uns die allgegenwärtigen Spender für Hundekotbeutel aufgefallen. Wir haben festgestellt, dass dieses Angebot von den Hundehaltern in der Schweiz seit vielen Jahrzehnten selbstverständlich und intensiv genutzt wird. Die öffentlichen Wege und Parks sind praktisch hundekotfrei. „Das wäre ein Traum - Berlin ohne Tretminen", dachten wir uns und haben begonnen. Recherchen zu betreiben, Lösungsstrategien aus verschiedenen Städten zu vergleichen, ein eigenes Konzept zu erstellen und Projektpartner zu suchen. Es war ein langer Weg, doch unsere Ausdauer wird immer mehr belohnt.

„stadt&hund" ist eine gGmbH, Sie arbeiten ehrenamtlich und sind auch noch in Ihren sonstigen Berufen tätig. Wie funktioniert die Organisation?
Das Projektbüro „stadt&hund" ist anerkannt als gemeinnützige GmbH, weil unsere Arbeit nicht auf Gewinn ausgerichtet ist und wir uns für den Umwelt und Tierschutz einsetzen. Wir versuchen, die Kosten für die Projektarbeit so gering wie möglich zu halten. Die Organisation der Projekte läuft daher neben meinem Hauptberuf als Gutachter. Die Arbeit ist allerdings auf Dauer nicht zu bewältigen, daher werden wir ab 2010 zumindest eine Teilzeitkraft beschäftigen.

Wann und wie entstand die Idee zum Projekt "stadt&hund"?
Vor mehr als neun Jahren! Bei einem Besuch in der Schweiz sind uns die allgegenwärtigen Spender für Hundekotbeutel aufgefallen. Wir haben festgestellt, dass dieses Angebot von den Hundehaltern in der Schweiz seit vielen Jahrzehnten selbstverständlich und intensiv genutzt wird. Die öffentlichen Wege und Parks sind praktisch hundekotfrei. „Das wäre ein Traum - Berlin ohne Tretminen", dachten wir uns und haben begonnen. Recherchen zu betreiben, Lösungsstrategien aus verschiedenen Städten zu vergleichen, ein eigenes Konzept zu erstellen und Projektpartner zu suchen. Es war ein langer Weg, doch unsere Ausdauer wird immer mehr belohnt.

„stadt&hund" ist eine gGmbH, Sie arbeiten ehrenamtlich und sind auch noch in Ihren sonstigen Berufen tätig. Wie funktioniert die Organisation?
Das Projektbüro „stadt&hund" ist anerkannt als gemeinnützige GmbH, weil unsere Arbeit nicht auf Gewinn ausgerichtet ist und wir uns für den Umwelt und Tierschutz einsetzen. Wir versuchen, die Kosten für die Projektarbeit so gering wie möglich zu halten. Die Organisation der Projekte läuft daher neben meinem Hauptberuf als Gutachter. Die Arbeit ist allerdings auf Dauer nicht zu bewältigen, daher werden wir ab 2010 zumindest eine Teilzeitkraft beschäftigen.

Ist „stadt&hund" auch außerhalb von Berlin tätig?
Ja, wir haben auch Partner in anderen Städten, so zum Beispiel in Hamburg, Köln, Marburg, Vreden oder auf der Ostseeinsel Poel. Grundsätzlich stehen wir jedem, auch Privatpersonen, mit unserem Know-how zu Verfügung. Unser Hauptaugenmerk liegt aber weiterhin auf Berlin. Hier gibt es noch genug zu tun.


In wie vielen Berliner Quartieren ist die „stadt&hund" beziehungsweise deren Beutelspender vertreten?


Wir haben in über 30 Projektgebieten etwa 220 Beutelspender, aus denen jährlich fast vier Millionen Beutel entnommen werden. Die Projekte sind dabei unterschiedlich organisiert, weil wir sie immer genau an die jeweiligen Gegebenheiten und Kooperationspartner anpassen.


Wie genau funktioniert ein Projekt von „stadt&hund"?


Meistens treten Stadtverwaltungen, Bezirksämter, Wohnungsbaugesellschaften oder Interessengemeinschaften an uns heran, die etwas gegen die Verschmutzung durch Hundekot unternehmen möchten. Zusammen wird in einem Ortstermin erkundet, an welchen Stellen die Problematik am größten ist und wo sich gute Standorte für Beutelspender finden. Für jedes Projekt wird dann ein kleines Konzept erarbeitet, das individuell auf die Gegebenheiten zugeschnitten ist: Wie ist die Finanzierung? Wie sollen die Motivfenster und das Informationsmaterial gestaltet werden ? Wie soll das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt werden ? Wie können Paten für die Befüllung der Spender gewonnen werden?

 

Wir kümmern uns dann um die Planung und die erforderlichen Genehmigungen für die Installation der Beutelspender. In der Anlaufphase wird der Umgang mit den Spendern besonders kritisch beobachtet, um eventuell Standortveränderungen vorzunehmen. Alle Projektgebiete werden
auf unserer Homepage präsentiert, zusätzlich sind die Standorte der Beutelspender bei Google Maps immer aktuell abrufbar.

Wie erfolgt die Finanzierung?


Die Beutelspender werden von stadt&hund gestellt, installiert und in Stand gehalten. Finanziert werden die Projekte dann über eine einheitliche Umlage für die Hundekotbeutel.
Dadurch werden die Kosten für unsere Projektpartner immer an den tatsächlichen Nutzen gekoppelt. Kleine Projekte profitieren solidarisch von den größeren. Wir sind bei den Projekten immer
auf die Kooperation mit Beutelspender-Paten angewiesen, die die Spender regelmäßig befallen und Probleme an uns weitergeben. Die Personal- und Fahrtkosten für die bedarfsgerechte Bestückung der Beutelspender wären ansonsten viel zu hoch. Bei der Finanzierung profitieren unsere Projektpartner auch von der Unterstützung durch Sponsoren, die unser Konzept immer interessanter finden.
Leider bekommen wir keine „Basisfinanzierung", so dass wir bislang sämtliche Ausgaben aus den Projekten finanzieren müssen.



Verhindert der Einsatz von Beutelspender die Ausbreitung von Hundekot auf den Gehwegen und in den öffentlichen Parks?

Jeder vom Hundehalter entfernte Hundehaufen ist ein Erfolg, aber jeder liegen gebliebene stellt eine potentielle „Tretmine" dar. Wir sprechen daher von der „Reduzierung von Hundekot". Deshalb geben wir uns ja auch nicht damit zufrieden, nur Beutelspender zu installieren, sondern arbeiten daran, ein Umdenken zu erreichen. Dabei ist jedes Projektgebiet unterschiedlich. In der Regel erreichen wir aber in den ersten sechs Monaten eine Reduzierung von 40 bis 60 %. Durch die zunehmende Akzeptanz und die soziale Kontrolle steigt dieser Anteil dann mit den Jahren auf bis zu 80%.



Wie erreichen Sie die für eine Reduzierung der Hundekothaufen im öffentlichen Raum notwendige Verhaltensänderung bei den Hundebesitzern?


Unser Motto heißt: Information, Angebot, Motivation. Die Hundebesitzer sollen sich verantwortlich fühlen. Sie sollen den Hundehaufen ganz selbstverständlich beseitigen- auch wenn es gerade niemand sieht, auch wenn es draußen dunkel ist oder der Haufen zwischen dem Herbstlaub verschwindet. Auf ein strikteres Durchgreifen der Ordnungsämter können wir nicht bauen, aber das erlernte, einsichtige Verhalten ist ohnehin nachhaltiger als Sanktionen. Denn auch Hundebesitzer treten ungern in Hundehaufen und fühlen sich wohler, wenn sie nicht angefeindet werden, weil Passanten vom Hundekot so genervt sind. Die Vernunft steht auf unserer Seite. Wir bieten den Hundehaltern die nötige Infrastruktur, um dieser Stimme der Vernunft unkompliziert und hygienisch nachzugehen.

 

Deshalb sehen wir die Hundehalter nicht nur als Adressaten unserer Botschaft, sondern binden sie aktiv in das Projekt ein, zum Beispiel als Paten zur Befüllung der Beutelspender. Bei jedem Projekt arbeiten wir mit den lokalen Akteuren als Multiplikatoren zusammen, das ist uns besonders wichtig.

 

Insgesamt legen wir Wert auf ein positives Image - gerade bei den Hundehaltern.
 Im Bezirk Mitte arbeiten wir z. B. seit Beginn des ersten Projekts im Jahr 2003 mit Kiezläufern zusammen, die die Herrchen und Frauchen persönlich ansprechen und für korrektes Verhalten loben. Erstmalig hat sich zu Weihnachten auch ein „blauer Weihnachtsmann für Hunde" in ausgewählten Projektgebieten bei Hunden und Haltern mit kleinen Geschenken bedankt.
Daneben erhöht sich die Akzeptanz der Projekte durch unscheinbare Aspekte: Wir versuchen unsere Spender immer sauber zu halten und befreien sie regelmäßig von Aufklebern und Graffitis. Außerdem lassen wir besonders reißfeste Kotbeutel produzieren und installieren unsere Beutelspender grundsätzlich in direkter Nachbarschaft zu Mülleimern. Wenn einmal ein Abfallbehälter fehlt, bitten wir die BSR um entsprechende Unterstützung. Alle Teilaspekte zusammen genommen sorgen dafür, dass den Hundebesitzern das Beseitigen der Hundehaufen so einfach wie möglich gemacht wird. Der lange Atem zählt. Schließlich wissen wir aus der Schweiz und aus den langjährigen Erfahrungen in den Berliner Projektgebieten, dass es funktioniert!



Woran bemessen Sie den Erfolg Ihrer Projekte?


In einer aktuellen Befragungsstudie, die in Projektgebieten im Bezirk Mitte durchgeführt wurde, gaben 94 % der befragten Hundehalter an, die blauen Spender für Hundekotbeutel zu kennen. 84% gaben an, diese regelmäßig oder gelegentlich zu nutzen. Und 80% der Interviewten fanden das Angebot „super" oder „sinnvoll". Das ist messbarer Erfolg in Bezug auf Sympathie und Bekanntheitsgrad.

 

Außerdem führen wir in einigen Projektgebieten immer wieder „Kotkartierungen" durch, bei der wir die „Hundekotdichte" auf Gehwegen ermitteln und mit Werten in anderen Gebieten und aus zeitlich zurückliegenden Kartierungen vergleichen. Anhand dieser Erhebungen konnten wir deutliche Effekte von etwa 60 % Hundekotreduzierung nachweisen.

 

Ein weiterer Erfolgsindikator ist der Verbrauch an Hundekotbeuteln. Hier ermitteln wir für jedes Projektgebiet Zeitreihen, die die Entwicklung gut abbilden. Übrigens landen rund 95 % der entnommenen
Hundekotbeutel befüllt in den Abfalleimern - der „Missbrauch" ist weit geringer, als oft angenommen.



Wie erreichen Sie eine Verstetigung Ihrer Projekte? Gibt es eine Art „Nachsorge" durch Sie?


Wir verkaufen keine Produkte, sondern verfolgen gemeinsam mit unseren Projektpartnern Ziele. Daher machen wir zur Bedingung unserer Projekte, dass wir diese dauerhaft betreuen können - nur so
funktioniert unsere Idee und so stellen wir auch die „Nachsorge" sicher.


 

Das Interview mit Christof Wüllner führte Ann-Christin Rolfes-Bursi, BSG mbH.